11.02.2022
Nach nunmehr drei Corona-Semestern wissen wir: Die so genannten flachen Austauschformate und Plattformen wie Zoom helfen uns zwar, die Lehre weitgehend störungsfrei durchzuführen, aber wirkliche Interaktion entsteht durch sie nicht! Die Lust der Studierenden, jeden Tag auf Zoom-Kacheln zu starren, hat gerade in diesem Semester deutlich gelitten. Generell sind die gängigen Videokonferenztools wie Zoom, Big Blue Button, Webex oder Microsoft Teams alle ähnlich aufgebaut. Es gibt Videokacheln, die Teilnehmenden können sich also gegenseitig sehen und hören, ebenso auch die Möglichkeit Dokumente über Screen Sharing zu teilen, auf Whiteboards zu arbeiten oder in Breakout Sessions zu gehen. Tatsächlich sollte man diese Möglichkeiten keinesfalls schmälern, denn sie tragen erheblich zu einer guten Organisation der digitalen Lehre seit Beginn der Corona-Pandemie bei. Aber eines leisten diese Tools nicht: Zum einen kann man sich nicht frei im digitalen Raum bewegen und andererseits werden die Sinne nur sehr einseitig angesprochen und zum Teil auch überreizt. Das Starren auf die Kacheln ohne jegliche Mobilität führt nach einigen Stunden bei vielen Studierenden und Lehrenden zu Augen- und Kopfschmerzen. Ebenso berichten gerade Studierende auch davon, sich zu sehr beobachtet zu fühlen. Grund genug für das Team von BediRa, sich auf die Suche nach neuen Plattformen und digitalen Austauschwelten zu machen, die die Sinne der Studierenden vielfältiger anregen und auf diese Weise wieder mehr Spaß an der Lehre aufkommen lassen. Ausprobiert – und für gut befunden – haben wir beispielsweise Gather.town. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um einen virtuellen Tummelplatz für Projektmeetings, aber auch für Seminare. Gather.town ist einerseits ein Videokonferenztool mit allen gängigen Features, anderseits taucht man in eine virtuelle Welt ein, in der man sich mittels Avatar frei bewegen kann. Gather.town bietet neben größeren Meetingräumen auch so genannte Private Spaces, in die man sich für Einzel- oder Kleingruppengespräche zurückziehen kann. Ebenso gibt es aber auch Arbeitsplätze, die man nutzen kann, wenn Studierende Einzelarbeitsaufträge und Recherchearbeiten durchführen. Besonders witzig und für die Studierenden wichtig ist aber der Socializing-Aspekt. In gather.town können die Teilnehmenden zusammen Spiele spielen und sich so auch eine Auszeit vom Lernen und Arbeiten nehmen. Oder aber man trifft sich für eine gemeinsame Pause an der Kaffeebar und nutzt diese Zeit, um endlich mal über andere Themen als Corona und Studium zu sprechen. Eine erste Gruppe von Studierenden hat Gather.town ausprobiert. Die übereinstimmende Meinung: Die Sinne werden ganz anders angesprochen, weil hier auch die emotionale Ebene berücksichtigt wird. Bereits die bunte Oberfläche und die Möglichkeit, den eigenen Avatar nach individuellen Wünschen zu gestalten, lässt ein Freude aufkommen. Das Bewegen der Avatare auf dem Meetingfeld schafft neue Begegnungsräume, denn auf gemeinsamen Wegen kann man sich ganz individuell unterhalten. Ein weiterer Nebeneffekt: Die Pausenzeiten haben die Studierenden tatsächlich zusammen verbracht und sich nicht – wie bei Zoom – ausgeklinkt. Natürlich gab es auch erste Anlaufschwierigkeiten: Der Zugang zu Gather.town scheint am besten am Computer und mit Browsern wie Firefox oder Chrome zu funktionieren. Beim Handy war die Auflösung sehr schlecht, beim Tablet hatten Studierende Probleme, Zugriff auf unser Lab zu erhalten. Aber insgesamt waren sich alle einig: Soviel Spaß hatten wir im Seminar lange nicht!
Nina Weimann-Sandig