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PFLEGE (BACHELOR OF SCIENCE)


Pflege-Studium live: Studis berichten


Die Studierenden des ersten Jahrgangs des primarqualifizierenden Pflege-Studiengangs (B.Sc.) berichten von ihren Erfahrungen im Studium. In regelmäßigen Abständen gibt es hier Einblicke in den Studienalltag, das Simulationslabor und die Praxiseinsätze.


Pflege studieren: das erste Semester!

Newcomer. So könnte man uns im primärqualifizierenden Pflege Studiengang (B.Sc) bezeichnen. Auch wenn wir es eigentlich nicht sind. Pflegewissenschaft studieren kann man schon längst, auch in Deutschland. Und dennoch ist es leider ein Studiengang, der wenig Aufmerksamkeit bekommt: vermutlich wegen des schlechten Rufes, den die Pflege lange Zeit hatte und teilweise auch noch hat: Schlechte Bezahlung und Arbeitszeiten, um nur zwei Beispiele zu nennen. Oft wird nicht gesehen, was Pflege bedeutet, welchen Stellenwert diese hat: Wir sind verantwortlich für das höchste Gut. Die Würde jedes einzelnen Menschen, den wir betreuen: ob jung oder alt, ob schwerkrank, gesund, eingeschränkt oder im Genesungsprozess.


Mit diesem Gedanken bin ich ins erste Semester gestartet, ein anstrengendes Semester, ein herausforderndes verbunden mit den eigenen Ansprüchen. Und eines was jede Menge Freude gebracht hat. Zu entdecken wo bereits angefangen werden kann Dinge etwas anders zu machen als in vielen Fällen üblich, kleine Handgriffe die für den Patienten jedoch ein grossen Unterschied ausmachen können, beispielsweise beim Unterstützen zum Aufstehen.
Jedoch beginnen wir am Anfang: Gestartet bin ich ins Semester mit freudiger Erwartung und gleichzeitig auch einem grossen Fragezeichen. Was erwartet mich? Wird es so wie ich es mir vorgestellt habe? Und die größter aller Fragen: Wie wird die Praxis? Nun vorweg nehmen möchte ich: Ich wurde absolut nicht enttäuscht. Meine Erwartungen
übertroffen. Allein schon durch Dozierende, die sich wahnsinnig viel Mühe geben, immer ein offenes Ohr für uns zu haben und gleichzeitig klar formulieren was sie von uns erwarten.


Inhaltlich spiegelte sich dies ebenso deutlich wieder. Herauszufinden, wie studieren eigentlich geht und was es bedeutet wissenschaftlich zu arbeiten, war nur der Inhalt eines unser fünf ersten Module. Das Größte machte „Der Mensch in Selbständigkeit und Abhängigkeit“ aus. Erste anatomische und pflegerische Grundlagen wurden hier vermittelt wie zum Beispiel unser Atmungssystem und Möglichkeiten Menschen, die an einer Lungenentzündung erkrankt sind, zu positionieren, um Erleichterung beim Atmen zu ermöglichen. Aber auch das Notfallmanagement wurde vermittelt: Reanimieren! Pflegerische Grundlagen konnten wir dann im Simulationslabor (kurz SimLab) ausprobieren. Die Praxis gleich verknüpfen: Praxis und Theorie verbinden. Damit eben nicht mehr gesagt werden kann: „In der Praxis ist ja eh alles anders.“


Im Laufe des Semesters gab es Höhen und Tiefen, wie es sich gehört. Motivationstiefs gehören dazu. Der Zusammenhalt unter uns Studierenden gab einem in solchen Momenten Halt. Zu verstehen, dass man nicht alleine ist und es jedem zeitweise so geht, hilft in diesen Momenten enorm. Aber auch der regelmässige Bezug zur Praxis im SimLab zeigt einem immer wieder warum man es studieren möchte.

Und nun: Auf ins Praxissemester, mit vielen verschiedenen Partner. Überall einmal schnuppern und das erste Gelernte anwenden! Wir werden berichten.


Kaltes Wasser - das 2. Semester

Am 07.April. 2022 starteten wir ins Praxissemester. Mit Theorie im Gepäck standen wir vorm offenen Meer, das sich erster Praxiseinsatz nannte. Das Wasser für den Einen kälter und tiefer als für den Anderen. Ich, Lara-Christine Reichardt würde lügen, würde ich nicht zugeben, ans Wegrennen gedacht zu haben. Da lag so viel Ungewissheit in der Luft. Werde ich dem Druck standhalten? Werde ich den Anforderungen gerecht werden? Kann ich das Erlernte aus dem ersten Semester auch außerhalb der sicheren Wände des Hochschullabors anwenden?


Es half alles nichts, denn wenn ich weggerannt wäre, wie hätte ich mir diese Fragen dann jemals beantworten können? Ich wagte den Sprung und so lernte ich, während ich ankam, dass, wenn man sich nur erstmal traut und man Zweifel beiseite lässt, das Wasser gar nicht so tief und kalt ist wie zu Beginn angenommen.


Während mir Medikamente setzen, Thromboseprophylaxestrümpfe anziehen, Insulin Einheiten berechnen und verabreichen und Stomataversorgung am Anfang noch wie eine undurchdringliches Dickicht vorkam, übernahm ich nach mehrfachem Zusehen selbst diese Aufgaben. Auf einmal war da gar kein Dickicht, sondern ein Pfad erbaut auf Übung und Gesehenem.


Ja, ich fühlte mich mit der Zeit sogar irgendwie angekommen, näher an dem dran, was ich anstrebe zu erreichen. Der Arbeit so nah zu sein, die jeder von uns Pflegestudent_innen eines Tages verrichten könnte. Es dauerte seine Zeit bis ich lernte mit Strömungen, wie den Strukturen der ambulanten Pflege zurecht zu kommen.


Da war zunächst gar kein sicherer Hafen namens Pausenraum in Sicht. Kein fester Standort. Man fuhr zu jedem Zupflegenden, es blieb letztlich nur eine Zentrale zu der man nach der Tour zurück kehrte. Auf einmal waren Zupflegenden keine Patient:innen mehr, sondern Klient:innen, weil diese anders wie im Krankenhaus, bestimmte Leistungen bei bestimmten Unternehmen buchen.


Am Anfang war es gar nicht so leicht sich einzufinden. Zum Ankommen gehörte es dazu sich darauf einzulassen und zu beobachten um dann im richtigen Moment anzupacken. Wann dieser Moment ist kann wohl niemand im Voraus datieren, ich würde sagen es ist weniger wie ein Termin, als mehr wie ein Gefühl. Das Gefühl, dass einem sagt: „Ich kann mehr als nur zuschauen. Wenn nicht jetzt, wann dann!“

 

Was sich auch zeigen sollte war, dass Theorie und Praxis zwar nah beieinander liegen aber auch oft von einander abweichen. Und so wurde das neue unbekannte immer vertrauter und ich lernte nicht mehr nur gelernten Strukturen zu folgen, sondern individuell auf Problemsituationen einzugehen.


Ich erkannte, dass es nicht nur ich war, die sich ins kalte Wasser vortraute, sondern auch die Klient_innen, die mir ihr Vertrauen schenkten, dass ich sie gut versorgen werden würde. Sie ließen mich teilhaben an ihrem Leben und gewährten mir Zutritt in etwas ganz privates - ihr Zuhause. Auch die Kolleg:innen überwanden Vorurteile und Ängste und
glaubten an meine Arbeit. So konnte ich wachsen.


Was man am Ufer des Meers, das sich erster Praxiseinsatz nennt nicht weiß ist, dass das Land der Erfahrung auf einen wartet. Wir sprangen und sind geschwommen. Für den einen war das Gewässer stürmischer für den anderen seichter. Was uns nun aber keiner mehr nehmen kann ist unser Wissen. Was wir nun in unserem Gepäck finden ist nicht nur reine Theorie, das sind Erfahrungswerte und Erinnerungen. Auch aus schlechten Situationen lernen wir, wachsen wir.


Es werden noch einige Meere auf uns warten, die es gilt zu überqueren. Von nun an aber werden wir jedes Mal ein wenig mutiger ins kalte Wasser springen. Wir sind bereit festzuhalten und loszulassen. Wir sind bereit für Praxiseinsatz 2.