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1 & 2. Quartalsbericht (Anna-Maria Böhm)

Kurze allgemeine Reflexion des bisherigen Praktikums in Frühjahrssemester

Herangehensweise

Im folgenden Teil des Quartalsberichts versuche ich, meine praktischen Erfahrungen nach dem Modell der Handlungskompetenzen für die Soziale Arbeit nach Hiltrud von Spiegel zu reflektieren. Dabei treffen sich in einigen Aspekten vor allem die Dimensionen des Wissens und der Haltung und die Grenzen sind nicht immer eindeutig zu ziehen, was unter anderem damit zu tun hat, dass ich die drei Dimensionen bisher nicht für den transkulturellen Kontext operationalisiert habe. Längerfristig sehe ich dies als sinnvoll an, sehe mich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt dazu noch nicht in der Lage.
Neben Erkenntnissen und Erfahrungen hinsichtlich des Studienablaufs, die mit in diesen Bericht einfließen, versuche ich, vor allem ausgehend von konkreten Praxiserfahrungen auf die Metaebene zu blicken. Den Transfer von Erlebten auf die Metaebene hoffe ich auch durch das Nachbereitungsseminar herstellen zu können. Zwar vollzieht sich dies auch schon jetzt, jedoch möchte ich mir durch permanente Vergleiche mit der Situation in Dresden/Sachsen/Deutschland den Blick für die Situation hier vor Ort nicht verstellen.
Einige der im Folgenden thematisierten Erkenntnisse sind neu, andere bauen auf Vorerfahrungen aus Dresden auf, vertiefen bereits gewonnen Erkenntnisse oder untermauern bestimmte Grundhaltungen meinerseits – oder stellen diese bisweilen in Frage. Insgesamt fließen viele verschiedene Aspekte ein. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass die folgenden Ausführungen meine persönliche Wahrnehmung widerspiegeln und kein Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erhoben werden kann.

WISSEN

Sprache

Der Aufenthalt im Ausland bringt es zwangsläufig mit sich, sich mit der Frage nach Sprache, Verständigung, Kommunikation auseinanderzusetzen. Befördert wird dies im Kontext meines Praktikums zusätzlich durch die bilinguale Arbeit, so dass mir dieser Teilaspekt meines Praktikums in Budapest gegenwärtig als eine der wichtigsten Erfahrungen erscheint.

Die ungarndeutsche Minderheit

Bereits im vergangenen Semester habe ich mir Wissen hinsichtlich der deutschen Minderheit und der deutschen Nationalitätenkindergärten aneignen können. Gemäß dem Gesetzgeber muss den Minderheiten in Ungarn die Möglichkeit eingeräumt werden, Schulen und Kindergarten zu unterhalten, die in der jeweiligen Sprache der Minderheit arbeiten.
Um 1700, in der Mitte sowie zum Ende des 18. Jhd. wanderten viele Menschen aus Süddeutschland, Österreich und Sachsen nach Ungarn aus, die dann allgemein als Schwaben (sváb) bezeichnet wurden. Deren Nachkommen leben vor allem im Süden von Ungarn, um Pécs (Fünfkirchen) und im Westen von Budapest. Unter der kommunistischen Herrschaft  war Erziehung in einer anderen Sprache als Ungarisch nicht gern gesehen, weshalb die heutige Elterngeneration nicht unbedingt Deutsch spricht. Um den Kindern diese Möglichkeit heute zu bieten, wurden sogenannte deutsche Nationalitätenkindergärten geschaffen. De facto ist die Situation gerade in Budapest heute so, dass ein hoher Bildungsdruck herrscht und viele Eltern am möglichst frühen Fremdspracherwerb ihrer Kinder interessiert sind. Deshalb haben die wenigsten Kinder in diesen Einrichtungen schwäbische Wurzeln. Zu denken gibt mir diesbezüglich, dass dies auch bei den Studentinnen und Pädagoginnen nicht unbedingt der Fall ist. Für die Nationalitätenkindergärten gibt es einen selbstgegebenen  Orientierungsplan, in dem die fünf wesentlichen Ziele dieser Einrichtungen festgeschrieben ist, darunter der Erhalt der ungarndeutschen Kultur. […]

Zweisprachigkeit als Thema eines Seminars

Im vergangenen und gegenwärtigen Semester konnte ich mir durch ein Seminar über Zweisprachigkeit Wissen hinsichtlich spezifischer Schwierigkeiten der deutschen Sprache, wenn Kinder mit anderer Erstsprache diese erlernen, aneignen. Darüber hinaus habe ich einen Einblick erhalten in verschiedene theoretische Überlegungen im Zusammenhang mit Zweitspracherwerb und Mehrsprachigkeit im familiären Kontext.
Dieses Wissen wird mir in Deutschland helfen, mehr Empathie für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache entwickeln zu können. Gleichzeitig bin ich mir der Relevanz der natürlichen Sprachförderung im Alltag bewusst, was für mich in meinem ungarischen Lernort Praxis beispielsweise eine Verstärkung der bewussten dialogische Gestaltung kleiner alltäglicher Situationen wie Anziehen, Aufräumen, Essensvorbereitungen mit sich bringt. Darüber hinaus habe ich im Rahmen des Seminars Anregungen für die Gestaltung von entsprechendem Material erhalten. Hier besteht ein Schnittpunkt mit der Dimension Können.

Praktische Erfahrungen mit der bilingualen Arbeit

Durch meinen Aufenthalt in Budapest habe ich die Möglichkeit, mir Wissen über bilinguale Arbeit im Kindergarten anzueignen, in meinem konkreten Fall wird einer Mehrheit von Kindern Deutsch als Zweitsprache nahe gebracht. Diese Möglichkeit zu erleben, dass tatsächlich beide Sprachen im Alltag gesprochen werden, hatte ich in Deutschland in dieser Form bisher nicht. Meine bisherigen Erfahrungen mit Fremdspracherwerb im Kontext des Kindergartens beschränken sich auf gezielte Einheiten, in denen der Versuch unternommen wird, einmal in der Woche den Kindern eine Fremdsprache näherzubringen und dafür Interesse zu wecken.
[…] In der Gruppe sind wenige muttersprachlich deutsche Kinder, einige mit beiden Sprachen im familiären Kontext sowie ein Teil von Kindern, die nur im Kontext des Kindergartens Erfahrungen mit der deutschen Sprache haben. Dieses Wissen führt dazu, dass ich in manchen Situationen bewusst versuche, in einfachen Sätzen zu sprechen, was unter Umständen hilfreich für die nicht muttersprachlichen Kinder, aber gleichzeitig nicht natürlich ist und für die muttersprachlichen Kinder vielleicht auch irritierend. Längerfristig gesehen schafft diese Situation den Anlass, auf der Metaebene über verbale Kommunikation mit Kindern nachzudenken, die ich stringent, klar und eindeutig gestalten möchte.
Erwerben konnte ich beispielsweise Methodenkenntnis über die Einführung neuer Wörter oder hinsichtlich der Ermutigung zu bestimmten einfachen alltäglichen Äußerungen. Im parallelen Einsatz beider Sprachen sehe ich Entwicklungschancen und Herausforderungen, die den Kindern angeboten werden. So kann ich beispielsweise erleben, dass manche Kinder konsequent auf Ungarisch antworten, manche Kinder die ungarischen Antworten anderer Kinder für mich übersetzen, manche Kinder nicht reagieren, obwohl sie mich offensichtlich verstehen, andere wiederum übersetzen für andere Kinder ins Ungarische und einige holen sich bei den übersetzenden Kindern Hilfe, wie sie mir eine bestimmte Frage auf Deutsch stellen können.
Im Umgang mit dieser sprachlichen Herausforderung sehe ich eine Kompetenzentwicklung, die zum einen Empathie herstellt und das soziale Miteinander fördert. Darüber hinaus wird das Austesten eigener (sprachlicher) Grenzen herausgefordert – seitens des Kindes als auch der PädagogIn.
Durch Eigenerfahrung, Rückmeldungen aus meinem sozialen Umfeld und nicht zuletzt durch die Erfahrungen im Kindergarten habe ich gelernt, dass der passive Wortschatz immer größer als der aktive ist, d.h. Verstehen ist immer in größerem Umfang möglich als Sprechen. Daraus folgt zum einen die Erkenntnis, dass sprachliche Reduktion im Alltag nicht immer notwendig ist, zum anderen erschließt sich daraus auch die Notwendigkeit, gezielt Situationen zur sprachlichen Äußerung zu schaffen.
Um auf die Metaebene zu blicken – wenn Kommunikation über eine Fremdsprache (oder auch mit Hilfe von Gestik und Mimik) funktioniert, bringt dies eine positive Bestätigung und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit mit sich, womit sich eine Brücken-Funktion von Sprache, die Ermöglichung von Verständigung und Annäherung, zeigt und das In-Beziehung-treten in größerem Umfang möglich wird. Diese Erfahrung mache ich sowohl im Alltag immer wieder, wenn ich kleine Situationen auf Ungarisch meistere, wenn mit internationalen Freunden auf Englisch spreche und die Verständigung über ein spezifisches Thema auch ohne Kenntnis des Vokabulars möglich ist, oder auch, wenn ich mit Kindern in einer der beiden Sprachen eine Kommunikationssequenz mit erfolgreichem Ausgang durchlebt habe.
Gleichzeitig habe ich Sprache auch als Barriere erlebt, als beispielsweise in der anderen Gruppe in meinem ungarischen Lernort Praxis zwischen den beiden Pädagoginnen am Tisch nur Ungarisch gesprochen wurde und mir so der Einblick in pädagogische Diagnostik in diesem Augenblick verwehrt blieb. In Verbindung mit der Dimension Haltung resultiert unter anderem aus dieser Erfahrung meine erhöhte Sensibilität für die Wahl einer von möglichst allen Beteiligten verstandenen Sprache, sowohl im professionellen als auch im privaten Kontext.

Ausblick auf mögliche Tätigkeiten in Deutschland

Mit Blick auf meine spätere Tätigkeit in Deutschland bin ich gegenwärtig sehr motiviert, meine Fremdsprachkenntnisse zu pflegen und zu erweitern, wozu mich vor allem viele Begegnungen mit multilingualen Menschen inspiriert und motiviert haben. Mich reizt ein pädagogisches Umfeld, in dem kulturelle Diversität zum Alltag gehört und Multilingualismus als Bereicherung wahrgenommen wird. Ausgehend davon stellt sich für mich die Frage nach dem Erwerb einer weiteren Fremdsprache, wenn diese von einer Mehrheit der Familien in meinem späteren Arbeitsumfeld gesprochen wird.
Bereits vor meinem Aufenthalt in Ungarn habe ich mich sehr für Literacy als ein Themenbereich des Lernbereichs Sprache interessiert und möchte mich in naher Zukunft damit beschäftigen, welche konkreten Anknüpfungspunkte mit transkultureller Arbeit bestehen.

Zum Einsatz von Sprache

Das Bemühen um Kommunikation in der Sprache der Mehrheit in meinem Umfeld, kann ein Türöffner sein, da diese Bemühungen Offenheit und Interesse signalisieren, dies habe ich vor allem außerhalb des pädagogischen Kontexts erlebt. In meinem Lernort Praxis lerne ich zwar auch ungarische Wörter, jedoch ist das Ziel dort, dass ich mit Kindern auf Deutsch spreche und einen natürlichen Umgang mit Sprache bzw. Mehrsprachigkeit vorlebe. Insofern ist mir dort bisweilen nur einer von zwei Schritten beim Fremdspracherwerb möglich – ich erfahre die Bedeutung, notiere mir das Wort im Idealfall, doch die Anwendung ist nicht unbedingt möglich.
Budapest stellt im Vergleich mit dem Rest von Ungarn eine besondere Situation dar, weil die große Mehrheit der Bevölkerung eine Fremdsprach spricht und ich so häufig nicht gezwungen bin, auf Ungarisch zu kommunizieren. Dazu kommt die Erfahrung, dass ich, wenn ich eine Beziehung in einer bestimmten Sprache knüpfe, im seltensten Falle später zur Kommunikation in eine andere Sprache wechsele, vor allem, wenn die Ausdrucksfähigkeit bei beiden Beteiligten in dieser Sprache sehr unterschiedlich ist, weil dies die Tiefgründigkeit sowie die Themenvielfalt, sprich die Gesprächsqualität, enorm beeinflusst.

Kritische Anmerkung – Schnittstelle zur Haltung

Die konstante Anwendung einer Zweitsprache wirft für mich neben allen positiven Herausforderungen für die Kinder auch immer wieder die Frage nach der intrinsischen Motivation der Kinder auf, worauf ich vor allem auch im folgenden Abschnitt eingehen werde.

Beschäftigungspädagogik – an der Schnittstelle von Wissen und Haltung

[…] Nach meinem bisherigen Eindruck ist die Notwendigkeit einer Beschäftigungseinheit Teil der landläufig geteilten Auffassung von Pädagogik. An der Fakultät lernen die Studentinnen in verschiedenen Seminaren, wie Beschäftigungsentwürfe aufgebaut sind und formuliert werden und in mehreren Seminaren werden Beschäftigungen simuliert mit den Kommilitoninnen als Kinder. […] Eine Beschäftigung habe ich bisher als Aktivität einer Kindergruppe erlebt, häufig der gesamten Gruppe. Dabei wird ein bestimmtes Thema in den Fokus gerückt, wobei die Sprachförderung ein  wesentliches Element darstellt. Die gesamte Aktivität wird von der Pädagogin angeleitet. Nach meiner Wahrnehmung sind bei diesem Element zur Gestaltung und Strukturierung des pädagogischen Alltags die kindlichen Interessen nur von geringer Bedeutung hinsichtlich der Themenwahl. In den von mir besuchten Lehrveranstaltungen waren diese nie der Ausgangspunkt der Überlegungen, welche Themen die Pädagogin einbringen sollte. Ausgehend vom Orientierungsplan für die deutschen Nationalitätenkindergärten steht fest, dass Traditionen und Bräuche einen wesentlichen Anteil der inhaltlichen Arbeit vorgeben.
Ich habe während meiner Praktika Eltern kennengelernt, die die Entwicklung ihres Kindes an den thematisierten Inhalten festmachen und jede Woche auf die Beschäftigung mit einem neuen Thema drängen. Bisweilen wird die Wochenstrukturierung auch nicht eingehalten und ein bestimmtes Thema steht länger im Fokus. Nach meinem Eindruck ist der Auslöser dafür zumindest manchmal das verstärkte Interesse der Kinder an einem Thema. Selbstständig initiierte Aktivitäten wie Basteln oder thematisch passende mitgebrachte Materialien und Gegenstände von zu Hause führen bisweilen zu einer intensiveren und zeitlich längeren Auseinandersetzung mit bestimmten Inhalten. In meiner Einrichtung waren die Themen im Voraus geplant und beinhalteten ab Herbst u.a. Ich, Die Gruppe und ich, Familie, Mein Körper, Haus/Wohnen, Herbst, Erntedank, St. Martin, Licht/Dunkel, Advent, Fasching, Frühling, Arche Noah, Berufe, Ostern, Sommerfest. […]
Der Begriff Beschäftigung hat mich anfangs sehr irritiert. Bei genauerem Hinsehen impliziert er die  Zuschreibung als „Bewahrstätte“ für Kinder und lässt so den Eindruck entstehen, als ob Kinder von den Pädagoginnen beschäftigt  oder unterhalten werden müssten. Das Kindbild, was in diesem Begriff zum Ausdruck kommt, erscheint mir fraglich.
Grundlegende Aspekte meines Bilds vom Kind wie Konstrukteur der eigenen Entwicklung sein, intrinsische Lernmotivation, sein eigenes Thema finden, Ko-Konstruktion, die Bedeutung vom Spiel in kleinen Gruppen u.a. finde ich an dieser Stelle nicht wieder.
Da diese Form der Pädagogik mir nun täglich begegnet, sehe ich es als wenig hilfreich an, sie gänzlich zu verdammen. Die Tatsache, dass mir angeboten wurde, eine solche Beschäftigung zu übernehmen, bzw. ich auch einmal darum gebeten wurde, zwingt mich zu einer genaueren Auseinandersetzung mit dieser Form der Kooperation zwischen Kindern und Pädagogin und darüber hinaus zur weitergehenden Reflexion über das Ausfüllen von an mich gerichteten Aufgaben, die meiner Grundhaltung widersprechen. In dieser Situation war ich während meiner bisherigen Praktika jedoch nur in Ausnahmen. […]

Praktische Studienanteile im Studiengang Kindergartenpädagogik an der ELTE

Unabhängig von ihrer jeweiligen Spezialisierung finden für alle Studentinnen Praktika in ungarisch-sprachigen Kindergärten statt.
Im ersten Semester finden zwei Hospitationstage statt, an denen die Studentinnen die Spiele der Kinder beobachten sowie bei einfachen Tätigkeiten unterstützen sollen. Im zweiten Semester sollen während eines einwöchigen Hospitationspraktikums mehrere Spiele angeleitet werden. Im dritten, vierten und fünften Semester wird jeweils ein einwöchiges Hospitationspraktikum absolviert, jeweils von Freitag bis Donnerstag. Dabei sollen jeweils zwei Beschäftigungen gehalten werden, die inhaltlich jeweils in einem bestimmten Lernbereich verortet sind – im  dritten Semester in den Bildungsbereichen Literatur und Kunst,  im vierten Semester in Musik und Sport und im fünften Semester in den Lernbereichen Mathematik und Umwelt. Während dieser Beschäftigungen sind die Kommilitoninnen anwesend, in seltenen Fällen auch Dozentinnen der Fakultät. Im sechsten und letzten Semester findet ein insgesamt achtwöchiges Blockpraktikum statt. Während dieser Zeit sollen 8 Beschäftigungen auf Deutsch und 6 Beschäftigungen auf Ungarisch gehalten werden und am Ende wird eine etwa 40-minütige Beschäftigung gehalten. Studentinnen, die sich für die Arbeit in deutschsprachigen Nationalitätenkindergärten spezialisieren, verbringen dieses Blockpraktikum in einem solchen oder auch in zwei verschiedenen Einrichtungen, vier Wochen in einem ungarisch-sprachigen Kindergarten und vier Wochen in einem deutschsprachigen Nationalitätenkindergarten. Doch auch in den Semestern davor finden zusätzliche Praktika in diesen speziellen Einrichtungen statt. Das erste Hospitationspraktikum in einem deutschsprachigen Kindergarten ist im vierten Semester vorgesehen; der Umfang beträgt fünf Tage à vier Stunden. Die Studentinnen sollen ein Praktikumstagebuch verfassen und am letzten Tag hospitiert die Praktikums-Verantwortliche der Fakultät für eine halbe Stunde, um die alltägliche Interaktion der Studentinnen mit den Kindern zu beobachten. Anschließend findet ein Reflexionsgespräch statt.
Zum einen ist es mit der Form des geblockten Praktikums möglich, mehrere Facetten eines inhaltlich zusammenhängenden Projekts in der Einrichtung zu erleben und die gegenwärtige Sozialstruktur und Gruppendynamik intensiver zu beobachten. Andererseits bietet dieses Modell wenig Möglichkeit zur Theorie-Praxis-Verknüpfung, da die Studentinnen nur einmal im Semester die Gelegenheit zum Anwenden und Ausprobieren ihrer bis dahin erworbenen Kenntnisse haben.
Was ich hierbei anmerken muss, ist zudem die Tatsache, dass diese Praktika zum Teil die ersten Situationen sind, in denen die Studentinnen im professionellen Kontext mit Kindergruppen zu tun haben.  Einige Studentinnen waren als Au Pair in Deutschland oder Österreich, aber dies ist nur bei der Minderheit der Fall. […]

Soziokulturelle Komponenten – Dialogische Grundhaltung – Schnittpunkt der Dimensionen Wissen und Haltung

Die hier erlebten Seminare und auch der praktische Studienanteil haben mich bestärkt hinsichtlich der Relevanz der Entwicklung einer Dialogischen Grundhaltung, die auch Offenheit und Kritikfähigkeit impliziert. Vor allem in Lehrveranstaltungen ist mir dies deutlich geworden, in denen ich Dialoge auf Augenhöhe von Studierenden und Lehrenden, eine grundlegende „Feedbackkultur“, gemeinsame Weiterentwicklung und Seminarmitgestaltung durch Studierende bisweilen stark vermisst habe; in manchen Lehrveranstaltungen habe ich mich wie in meine Schulzeit zurückversetzt gefühlt.
Eine Bekannte, die für längere  Zeit sowohl in Deutschland als auch in Ungarn gelebt hat, hat mir  Mentalitätsunterschiede nähergebracht die sich beispielsweise auch hinsichtlich des Umgangs mit Kritik abzeichnen. Dadurch werden unter anderem die Arbeitsweise und das Klima innerhalb des pädagogischen Teams beeinflusst ebenso wie die Kooperation mit den Eltern. Für mich stellt sich hier die Frage, wie eine wertschätzende Teamkultur entstehen kann, die auch professionelle und konzeptionelle Weiterentwicklung durch konstruktive Rückmeldungen beinhaltet. Darüber hinaus stellt die Dialogische Grundhaltung konkret auch in der Kooperation mit Eltern eine wichtige Komponente dar. […]
Dieser Themenkomplex zeigt mir stellvertretend für andere Teilaspekte sehr deutlich, dass sich die Übertragung von in Deutschland gelehrten und gelebten Grundhaltung(en) auf andere Kulturen unter Umständen nicht immer 1:1 und problemlos realisieren lässt. Gleichzeitig wird/werden mir eben diese Grundhaltung(en) umso bewusster und  auch, wie sehr diese durch das mich umgebende System, meine Enkulturation und Sozialisation beeinflusst und mit ihm verzahnt sind.

KÖNNEN

Sprache

[…] Zum gegenwärtigen Zeitpunkt fällt es mir leichter, über Wissen und Haltung zu reflektieren, als konkrete Kompetenzen in der Dimension Können aufzuführen. Die beiden anderen Dimensionen entsprechen eher meiner Wahrnehmung der gegenwärtigen Situation – ich eigne mir Wissen an, durch Seminare, Beobachtungen, Austausch mit den Pädagoginnen vor Ort sowie meiner Mentorin, reflektiere darüber und positioniere mich gegenüber bestimmten Aspekten, d.h. ich entwickle meine pädagogische Grundhaltung weiter. Demgegenüber habe ich Aspekte der Dimension Können außerhalb des offensichtlichen Teilaspekts der Sprachlichen Kompetenz im Moment weniger im Blick, werde jedoch in einem späteren Bericht den Fokus darauf legen.

HALTUNG

Relevanz von Reflexion als Teil meiner beruflichen Identität

Wie ich bereits vor meinem Aufenthalt in Ungarn vertreten habe, erlebe ich auch hier, dass Reflexion mindestens genauso wichtig ist wie die Arbeit mit den Kindern selbst, und essentiell ist, um ausgehend von den Erfahrungen vor Ort längerfristig meine berufliche Kompetenz weiterentwickeln zu können.
An dieser Stelle sehe ich einen der wesentlichsten Unterschiede zwischen den Studiengängen an der ehs und an der ELTE. Während meiner ersten beiden Studienjahre an der ehs war Reflexion eines der zentralen Elemente, wohingegen ich dieses hier nur bedingt auffinden kann (oder aber sie ist in den ungarisch-sprachigen Veranstaltungen verankert).
Es wurde erst innerhalb der letzten beiden Jahre für das einwöchige Praktikum im deutschen Nationalitätenkindergarten im fünften Semester ein Praktikumsbericht eingeführt, der eine freie Reflexion von besonders bewegenden, einprägsamen oder fraglichen Momenten beinhaltet. Darüber hinaus wurde im vergangenen Semester erstmals ein Reflexionstreffen im Nachhinein und außerhalb des Seminars angeboten.
Während der Praktika in den ungarisch-sprachigen Kindergärten ist von den Studentinnen unter anderem ein Praktikumstagebuch zu führen; die Details dazu sind mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch leider nicht bekannt. Unter Studierenden wurde dieser Bericht nach meiner Wahrnehmung zum Teil nur als eine weitere, zusätzlich zu erfüllende Aufgabe aufgenommen.
Für mich stellt Reflexion ein wesentliches, essentielles Element meiner beruflichen Identität dar. Um professionell handeln zu können, muss ich mir meiner selbst (u.a. meiner pädagogischen Grundhaltung, meines Menschenbildes und des Bilds vom Kind, meiner individuellen Voraussetzungen) und meiner Umwelt (u.a. Herausforderungen der Institution, Lerndispositionen der Kinder, individuelle Familiensysteme) bewusst sein.

1. Quartalsbericht (Carolin Zimmermann)

1.     Einleitung

Seit etwa drei Monaten wohne, studiere und lebe ich nun schon in Ungarns Hauptstadt Budapest. Im Rahmen von BEKi besuche ich einige Kurse an der ELTE-Universität (Eötvös Loránd Tudományegyetem), eine der größten und ältesten Universitäten Ungarns. Hauptsächlich studiere ich dort an der Fakultät für Erzieher- und Grundschullehrerbildung (ELTE TÓK).

Ganz in der Nähe meiner Fakultät befindet sich mein Wohnheim. Dort spielt sich das Leben außerhalb der Universität ab, hauptsächlich auf Ungarisch und auf Englisch. Wenn man sich nicht privat mit den Erasmus-Studenten[1] im Wohnheim trifft, dann nimmt man außerhalb an den zahlreichen, von freiwilligen ungarischen Studenten organisierten Erasmus-Veranstaltungen teil.

Im Folgenden möchte ich nun einen näheren Einblick in mein Leben an der Fakultät, außerhalb des Studiums und generell geben. Ich werde meinen Blick hauptsächlich auf Unterschiede richten, welche mir im Gegensatz zum Deutschen aufgefallen sind. Aber auch ganz Allgemeines wird in meinen Ausführungen zu finden sein.

Wichtig ist jedoch vorab, dass meine Eindrücke sehr subjektiv verfasst sind. Es darf nicht verallgemeinert werden. Es ist auch nicht mein Ansinnen, für das Land Ungarn, geschweige denn für die Menschen Ungarns zu sprechen. Die im Folgenden festgehaltenen Impressionen sind nur meine Eindrücke, die ich in meiner Zeit hier und bis jetzt gesammelt habe.

Außerdem versuche ich meine Ausführungen mit einem kritischen Blick zu betrachten. Was fällt mir in den Veranstaltungen an der Universität auf? Wie schätze ich die Ansichten der dortigen Lehrkräfte und die damit vermittelten Lernansichten im Gegensatz zu Einstellungen der heimischen Dozenten ein? Jedoch dürfen auch diese Gegenüberstellungen nicht verallgemeinert auf alle ungarischen bzw. deutschen Dozenten gesehen werden!

2.     Leben in der Universität

2.1 Allgemeines zum Empfang und zu Kursen in der Universität

In der Fakultät wurde ich sehr freundlich empfangen. Frau Éva Márkus kümmert sich äußerst herzlich um jeden deutschsprachigen Austausch-Studenten. Bei Fragen versucht sie schnellstmöglich eine Lösung zu finden, telefoniert dabei auch gern einmal spontan herum.

Ich besuche an der Uni in diesem Semester sieben deutschsprachige Kurse, ein englisches Seminar und einen ungarischen Sprachkurs. Die Seminare sind in ihrem Aufbau und in ihrem Inhalt sehr verschiedenartig.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass ich in den deutschsprachigen Kursen in den meisten Fällen eine von etwa drei deutschen Muttersprachlerinnen bin. Alle anderen Studentinnen sind Ungarinnen. Dadurch ist auch das Sprachniveau in den Seminaren auf den Wortschatz der ungarischen Studentinnen angepasst.

2.2 Einblicke in ausgewählte Kurse

Ein Kurs meiner selbstgewählten Seminare trägt den Titel „Zweisprachigkeit“. Er wird von einer ungarischen, aber deutschsprachigen Dozentin geleitet. Es geht um den Aspekt der Zweisprachigkeit in Nationalitäten- und zweisprachigen Kindergärten. Die einzelnen Stunden bestehen überwiegend aus Beschäftigungseinheiten, welche von studentischen Kleingruppen zuvor vorbereitet wurden. Diese Beschäftigungen sind meist etwa 20 Minuten lang und simulieren ein Angebot zu einem bestimmten Thema in zweisprachigen Kindergärten. Die restlichen Kommilitoninnen aus dem Kurs sollen dabei die „Kinder“ der Gruppe darstellen. In den angeleiteten Beschäftigungen erweitern wir als Kinder unseren deutschen Wortschatz, spielen und basteln. Danach fordert unsere Dozentin zuerst die Studentinnen auf, welche die Beschäftigung in dieser Stunde anleiteten, ihre Arbeit zu bewerten. Sie sollen wiedergeben, welche Ziele sie mit dem Angebot (wobei Angebot nicht das passendste Wort ist, da die Kinder in den Kindergärten diese Beschäftigung mitmachen müssen und ihnen keine Wahl gelassen wird!) verfolgten, wie sah die Umsetzung aus und dies ansatzweise reflektieren. Nachdem sich die Kleingruppe äußern durfte, bekommen alle anderen das Wort.

Nun möchte ich noch einen Einblick in ein anderes Seminar geben:

Deutliche Unterschiede, u.a. in Seminarinhalt und –aufbau, werden in meinem Kurs „Musikpädagogik in Nationalitätenkindergärten“ sichtbar. Das Seminar wird von einer deutschen Dozentin geleitet. Die Dozentin ist nicht nur darauf aus, uns passiv Wissen darzulegen, vielmehr sind die Studentinnen dazu angehalten, selbst mitzudenken, in Kleingruppen Lösungen für gestellte Aufgaben zu finden und diese anschließend zu präsentieren. Es wird viel Wert auf Sprechen in Deutsch gelegt.

Neben dem theoretischen Wissensstoff schrieben wir bisher auch zwei Kurzkontrollen, am Ende folgt u.a. noch eine Abschlussklausur. Außerdem können sich die Studentinnen „kleine, gute“ Noten durch Fleißarbeiten sammeln.

Insgesamt sind alle an der Fakultät, Studierende wie auch Dozierende, sehr hilfsbereit und freundlich! Bei Fragen geben sie gerne Auskunft, kümmern sich bei Problemen sofort oder geben Ratschläge. Außerdem merkt man ihnen an, wie erfreut sie über deutsche Muttersprachler sind. Im Musikkurs mussten wir beispielsweise einmal eine Liste mit Redewendungen aufschreiben, die wir dann in der Praxis verwenden können (z.B.: Heute wollen wir singen. Stellt euch in einem Kreis auf! Singt schön laut!). Für mich als Muttersprachler scheint dies eigentlich eher überflüssig. Jedoch erfüllte ich diese Hausaufgabe trotzdem, woraufhin unsere Dozentin meine Liste als „Anschauungsliste“ an alle Kursteilnehmerinnen schickte.

Ein anderes Beispiel: In einem weiteren Kurs lerne ich mit einer anderen Erasmusstudenten aus Österreich. Die Dozentin aus jenem Kurs erfreute sich sehr über unsere verschiedenen Dialekte. Sie meinte, nun würden sie und die Studierenden die Dialekte auch einmal „live“ hören. Sonst würden sie nur darüber reden, dass es in den deutschsprachigen Ländern so verschiedenartige Dialekte geben.

3.     Praktikum im ungarn-deutschen Kindergarten

3.1 Allgemeines zur Praktikumsstelle

Mein erstes Praktikum absolvierte ich für fünf Tage im ungarn-deutschen Kindergarten  in Budaörs, einem kleinen Nachbarort von Budapest.

Der Kindergarten besteht aus 4 Gruppen, á 25 Kinder im Alter von circa 3 – 7 Jahren. In jeder Gruppe arbeiten zwei Pädagoginnen schichtweise (eine ist am Vormittag bis Mittag tätig und eine von Mittag bis Nachmittag). Außerdem steht der Gruppe eine pädagogische Hilfskraft zur Seite. In dem ungarn-deutschen Kindergarten gibt es keine deutschen Muttersprachler. Alle Pädagoginnen haben „ungarisch“ als Hauptsprache. Mindestens eine Pädagogin pro Gruppe spricht jedoch deutsch.

Die Leiterin der Einrichtung wollte mir in der einen Woche ermöglichen, Tagesabläufe und Rhythmen der verschiedenen Gruppen kennenzulernen. Jedoch erschienen mir der Kontakt und die Bindung zu den Kindern und den Pädagoginnen wichtiger, als ganz viel in kurzer Zeit zu sehen.

So einigten wir uns, dass ich größtenteils in der Bärengruppe tätig sein konnte, jedoch einmal als „Aushilfe“ in die Katzengruppe ging.

3.2 Arbeit in der Bärengruppe

Die Bärengruppe ist eine altersgemischte Gruppe von Kindergartenkindern. Beide Pädagoginnen sprachen deutsch (als Zweitsprache), die pädagogische Hilfskraft jedoch nur ungarisch. Unter den Kindern gab es einen Jungen, dessen Muttersprachen deutsch und ungarisch waren. Ein weiterer Junge sprach ungarisch und englisch. Alle anderen Kinder hörten die deutsche Sprache zum größten Teil nur im Kindergarten, kommunizierten daher nur auf Ungarisch, verstanden jedoch einiges auf Deutsch.

Grundsätzlich wird der sprachliche Bildungsauftrag in dieser Einrichtung so verstanden, dass die Kinder langsam an die deutsche Sprache herangeführt werden sollen. Ein Großteil der Kinder hat ungarn-deutsche Vorfahren, jedoch wird in fast allen Haushalten der Kinder nur noch ungarisch als Muttersprache vermittelt. Im Kindergarten sollen sie nun an die Sprache, aber auch an ungarn-deutsche Traditionen und Bräuche herangeführt werden.
Der Tagesablauf ist ähnlich wie ich ihn aus deutschen Kindergärten kenne und gestaltet sich wie folgt (hier ist nur das aufgelistet, was ich in meiner Arbeitszeit sah):

ca. 8 – 10 Uhr                         Freispiel

10 – 10:30 Uhr           Beschäftigung + Obstpause

10:30 – 11:30 Uhr      Freispiel draußen

11:30 – 15 Uhr           Mittag essen, Zähne putzen, Mittagsschlaf

Die Beschäftigungen werden jeweils im Wechsel zwei Wochen auf Deutsch und zwei Wochen in ungarischer Sprache gehalten.

Durch die Kommunikation der Pädagoginnen mit den Kindern auf Deutsch, hören die Kinder die ihnen bis dahin eher unbekannte Sprache, bekommen jedoch zeitgleich ein Gefühl für das Deutsche. Somit soll ihnen ein späteres Erlernen der Sprache erleichtert werden (besonders in der Schule).

Die Erzieherinnen bemühen sich, den größten Teil der Kommunikation mit den Kindern auf Deutsch zu halten. Dies gelingt jedoch nicht immer. Vor allem den jüngeren Kindern fehlt es oftmals an Sprachkenntnissen.

Ich stellte mir in meiner Praktikumszeit oft die Frage, wie effektiv der Spracherwerb von Nicht-Muttersprachlern ist. Erhalten Kinder nicht hauptsächlich den Bezug zu einer Sprache durch die Sprachmelodie, die jedoch bei Nicht-Muttersprachlern immer auch den muttersprachlichen Dialekt durchscheinen lässt?

Und wie viel lernen die Kinder von der Fremdsprache, wenn doch nur im Kindergarten diese Sprache gesprochen wird – und das auch nur alle zwei Wochen für 10 Tage (mit Unterbrechung durch freie Tage)? Könnte man nicht immer auf Deutsch und Ungarisch reden, alltägliche Anweisungen geben, Beschäftigungen halten (wobei das Thema „Beschäftigungen“ wiederum einen anderen Streitpunkt aufwirft)?

Beschäftigungen besitzen in der Einrichtung einen besonderen Stellenwert. Die Beschäftigungen werden von der Pädagogin zuvor ausgearbeitet und an jedem Vormittag für etwa 30 Minuten mit der gesamten Kindergruppe durchgeführt. Dazu treffen sich alle Kinder in einem Stuhlkreis, singen Lieder und bearbeiten dann nach einem Plan der Erzieherin ein Wochenthema. Das Lernen hat dabei hauptsächlich spielerischen Charakter. Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bei deutschsprachigen Beschäftigungen wurden durch Einsatz von Gestik und Mimik der Pädagogin kompensiert. So machte es den Eindruck, dass doch der Großteil (zumindest die älteren Kinder) mit Spaß und Freude an der Beschäftigung teilnahmen und diese auch sprachliche verstanden.

3.3 Fragen und Schwierigkeiten, die mir begegneten

Sprachliche Hindernisse stellten mich in diesem Praktikum vor die größten Schwierigkeiten. Bereits am ersten Tag kamen Kinder auf mich zu, waren interessiert an der neuen und unbekannten Person ihrer Gruppe. Sie redeten mich sogar an – jedoch immer auf Ungarisch. Am meisten beschäftigte es mich, dass ich ihre Gespräche an mich nicht erwidern konnte. Die ganze sprachliche Kommunikation mit den Kindern fiel praktisch weg. Ich konnte ihnen in Konfliktsituationen nicht einfach beiseite stehen oder in Situationen, in denen ich von Kindern hinzugerufen wurde, einschreiten. Wenn ich das doch tat und beispielsweise fragte, warum ein Kind gerade weine, schaute es mich in den meisten Fällen nur fragend an.

Ein weiterer Aspekt war, dass sich durch dieses Sprachhindernis nur erschwert eine engere Bindung zu den Kindern aufbauen lies. Gerade aufgrund dessen war es mir umso wichtiger längere Zeit nur in dieser einen Gruppe zu verbringen.

Erst am Ende der Woche hatte ich das Gefühl, richtig in der Gruppe und besonders bei den Kindern angekommen zu sein. Ich hatte mit einzelnen Kindern individuelle Wege gefunden mit ihnen zu kommunizieren. Der englischsprachige Junge redete mich beispielsweise oft einfach auf Englisch an, da er merkte, dass ich so eher reagiere als auf Ungarisch. Mit anderen Kindern kommunizierte ich hauptsächlich mit Zeichensprache/ Gestik als Unterstützung zum Deutschen. Wenn ich mich mit einzelnen Kindern in „dringenderen“ Fällen einmal gar nicht verständigen konnte, übersetzte mir der deutschsprechende Junge oder half mir mit ungarischen Vokabeln aus.

Diese individuellen Kommunikationswege entwickelten sich jedoch nur langsam und schrittweise im Laufe der Woche in der einen Gruppe.

4.     Leben in Budapest

4.1 Wohnheim

Wie bereits in der Einleitung dieser Arbeit erwähnt, wohne ich hier in Budapest im Studentenwohnheim, ein Wohnheim der ELTE-Universität. Hier teile ich mir mit einer österreichischen Erasmus-Studentin einen kleinen Flur mit Kühlschrank und Bad. Ansonsten haben wir zwei voneinander abgetrennte Zimmer. Den Vorteil einer Mitbewohnerin mit derselben Muttersprache schätzen wir sehr, besonders um sich über all die vielen neuen Eindrücke in der unbekannten Wahlheimat und im fremden Land austauschen zu können. Da wir zudem auch einige Kurse gemeinsam besuchen, ergibt sich viel Gesprächsstoff: Austausch über Seminare, Dozenten, Kommilitonen, gemeinsames Lernen für Kontrollen, aber auch zwischenmenschliche Gespräche. Sich in derselben Muttersprache zu unterhalten, erleichtert dies natürlich ungemein.

Im Wohnheim wohnen auf jeder der 12 Etagen unseres Gebäudes etwa 4 Erasmusstudenten in Ein- oder Zweibettzimmern.

Normalität ist hier, glaube ich, aber eher das Zusammenleben in Zwei- und Mehrbettzimmern.

Derzeit stammen die Austauschstudenten beispielsweise aus Litauen, Polen, Tschechien, Österreich, Deutschland, Türkei, Niederlande, Portugal und Griechenland.

Ein beliebter Treffpunkt aller ist die Bar im Keller. Aufgrund der Mischung ganz verschiedener Nationalitäten lassen sich viele Anknüpfungspunkte für Gespräche finden.

An Ostern veranstalteten wir beispielsweise in den Räumen der Bar einen spontanen Osterbrunch und tauschten uns bei Brötchen, Eiern und Salat über unsere verschiedenen Ostertraditionen aus.

Ein weiterer Vorteil des Wohnheims ist, dass man Tür an Tür mit ungarischen, einheimischen Studenten wohnt. Beispielsweise sind auch alle Plakate der bevorstehenden Wohnheimveranstaltungen immer auf Ungarisch. Für ausländische Studenten sind Meldungen und Neuigkeiten auf Ungarisch natürlich teilweise sehr ungünstig, bieten jedoch Herausforderungen und einen Ansporn die hier gesprochene Sprache zu lernen.

4.2 Die ungarische Sprache

Bereits in Deutschland habe ich begonnen, die ungarische Sprache zu erlernen. So konnte ich mit dem sprachlichen Grundlagenwissen nach Ungarn gehen: Aussprache des Ungarischen, Alltagsfloskeln, einige grammatische Regeln. Dieser erste Einstieg in die mir bis dahin völlig unbekannte Sprache erleichterte mir den „sprachlichen“ Start hier in Budapest sehr. Dennoch ist es nochmal etwas anderes, ob man eine Sprache Zuhause lernt oder dann direkt in dem Land anwendet. Hier ist man jeden Tag mit dem Ungarischen konfrontiert, man lernt die Sprache praktisch im Alltag und ist an manchen Stellen auch „gezwungen“ ungarisch zu reden – beispielsweise an Ticketschaltern, an denen die Verkäufer kein Englisch oder Deutsch können. Wenn man jeden Tag der Sprache und vor allem den immer gleichen Wörtern oder Redewendungen gegenübersteht, prägen sich diese viel schneller ein, als wenn man sie Zuhause nur theoretisch auswendig lernt.

In diesem Semester belegte ich zudem einen Sprachkurs. Er wurde von der ELTE in verschiedenen Sprachniveaus angeboten. Ich wählte den (kostenlosen) „Nicht-mehr-Anfänger“-Kurs. Dort behandelten wir überwiegend grammatische Themen (Pluralbildung, mögen/können + Infinitiv) in Verbindung mit Alltagsvokabeln (Hobbys, Sportarten). Diesen Kurs möchte ich im nächsten Semester gerne weiterführen.

Derzeit bin ich über jedes Wort erfreut, welches mir im Alltag bekannt vorkommt oder ich übersetzen kann. Meine ungarischen Sprachfähigkeiten sind noch nicht besonders ausgeprägt, aber auf einem guten Weg. Besonders wenn mich Freunde und Bekannte aus der Heimat besuchen, die kein Wort Ungarisch sprechen oder verstehen, wird mir bewusst, dass ich mich in vielen Fällen doch irgendwie auf Ungarisch verständigen kann: „Wieviel kostet…? Ich hätte gerne… . Wo ist…?“

Ich bin der Meinung, dass es sehr wichtig ist, die Sprache des Landes, in dem man sich für längere Zeiten aufhält, zumindest zu lernen. Zudem erfreuen sich viele Einheimische, wenn man in Gesprächen wenigstens den Versuch macht, die Landessprache zu sprechen, auch wenn es nur Wörter wie „bitte, danke, Auf Wiedersehen!“ sind. Meine ungarischen Kommilitoninnen freuen sich beispielsweise sehr, wenn ich mich interessiert an ihrer Sprache zeige und nach ungarischen Übersetzungen einzelner Vokabeln frage. Auch beim Einkaufen sind einige Verkäufer sehr geduldig und auch erfreut, wenn ich versuche meinen Kaufwunsch auf Ungarisch zu sagen. Jedoch kommt es auch vor, dass manche Verkäufer, vor allem wegen Zeitdruck, eher genervt reagieren und sofort ins Englische umschwenken.

Das heißt jedoch auch, wenn man ganz ohne das Erlernen der ungarischen Sprache in Budapest überleben möchte, ist dies in vielen Fällen fast ohne Probleme möglich. Es gibt relativ viele englische Übersetzungen (z.B. in den neueren Metros), an den Touristenplätzen sogar deutsche Erklärungen (z.B. in einigen Museen).

4.3 Datenschutz und die ungarische Gelassenheit

Ein Thema, welches ich im Folgenden kurz anschneiden möchte, ist der Datenschutz. Deutschland gilt ja im Allgemeinen als sehr strikt, geregelt und geordnet. Vielleicht fallen mir daher die Unterschiede in anderen Ländern schneller in den Blick.

E-Mails an unterschiedliche Empfänger (bspw. von Dozenten an Studenten) gehen hier schnell einmal an alle gleichzeitig, ohne das Ausblenden der anderen Empfänger. Das ist natürlich in der Hinsicht praktisch, wenn man Mailadressen von Kommilitonen benötigt. Außerdem ist vermutlich jedem klar, diese vertraulich zu behandeln oder es kommt von vornherein keinem in den Sinn, Schindluder mit diesen Daten zu betreiben.

Das Thema „Datenschutz“ ist mir zudem auch an Institutionen wie Bank, Studenten-Office oder Vodafone-Shop aufgefallen. In allen Fällen wurde jeder Kunde an einem großen, gemeinsamen Schalter bedient. Man hätte jedes Mal die Daten und Anliegen der anderen, nebenstehenden Kunden ohne Probleme mitgehören können: Wenn Verträge abgeschlossen wurden, Telefonnummern, Adresse oder Geburtsdaten ausgetauscht wurden.

Es stellte sich mir die Frage, ob diese „Freizügigkeit“ der Daten etwas mit Vertrauen zu tun hat. Jeder verlässt sich darauf, dass sich alle Zuhörenden auf ihre Anliegen konzentrieren oder erhörte Informationen für sich behalten.

Auch im Wohnheim fällt mir dies anhand unseres „Briefkastensystems“ auf. Der Briefkasten stellt lediglich ein großes Holzregal mit vielen Fächern dar. Jedes Fach steht für einen Buchstaben von A – Z des ungarischen Alphabets. Dort werden ankommende Briefe nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens einsortiert (im Ungarischen schreibt und nennt man erst den Familien- und dann den Vornamen). Ich muss meine Briefe dabei immer etwas suchen, da sie manchmal unter „C“ oder auch mal unter „Z“ eingeteilt werden.

Mit diesem System könnte jedoch jeder auf beliebige Briefe zurückgreifen, unter anderem natürlich auch auf vertrauliche Post wie Bankunterlagen oder Verträge.

Aber auch allgemein sieht man hier in Ungarn einiges einfacher und unverbissener als es mir in Deutschland vorkommt. Beispielsweise habe ich erst auf mein Anfragen hin erfahren, ob ich denn auch im nächsten Semester noch in meinem Wohnheimzimmer bleiben kann. Auch die Miete bezahle ich immer irgendwann gegen Anfang des Monats – eine genaue Frist nimmt hier keiner besonders ernst, so scheint es mir.

Ein anderes Beispiel sind Absprachen und Termine in der Fakultät: Das Programm und allgemeine Informationen für die vor einigen Wochen stattfindende Projektwoche wurden erst eine Woche davor herausgegeben. Bis dato wusste keiner, was und wann etwas stattfindet.

Auch die Rahmendaten für das nächste Semester (Vorlesungsbeginn und –ende) stehen erst seit kurzem fest.

Für meine „deutsche“ Planung ist dies natürlich sehr ungewohnt, jedoch sehe ich es einfach als ungarische Lebensweise und Mentalität an.

5.     Abschlussgedanken

Insgesamt bin ich sehr froh, den Schritt ins Ausland zu gehen, gewagt zu haben. Ich lerne so viele neue Menschen kennen, erfahre deren Lebensgeschichte, erlebe dabei natürlich auch für mich, wie gut es mir in meinem Leben geht (z.B. in Bezug auf ungarische Löhne oder Lebensumstände). Ich komme an neue Orte, sehe Landschaften, die ich zuvor nur von Fotos kannte (bspw. Budapests Umgebung). Ich mache neue Erfahrungen, zum Beispiel wie wichtig doch Kommunikation, Verständigung und eine gemeinsame Sprache gerade im Umgang mit Kindern in Kindertageseinrichtungen ist.

Natürlich stoße ich in meiner Auslandszeit auch mal an meine Grenzen, wie es aber vermutlich auch vielen anderen geht.

Bei all den Erlebnissen und Eindrücken gewinne ich dennoch sehr viel Neues für mich! Ich bin froh, mich für diese Zeit in Budapest entschieden zu haben und gleichzeitig gespannt, was mich noch erwartet.


[1] Es werden wegen der Lesbarkeit im Folgenden hauptsächlich männliche Formen genannt, schließen jedoch das weibliche Geschlecht mit ein. In einigen Fällen verwende ich demgegenüber auch weibliche Formen, bspw. wenn in meinen Seminaren nur von Studentinnen die Rede ist.

2. Quartalsbericht (Carolin Zimmermann)

1.     Einleitung

Im März und im Mai habe ich mein insgesamt 3-wöchiges Praktikum im ungarn-deutschen Kindergarten in Budaörs absolviert.

Dieses Praktikum möchte ich nun zum Anlass nehmen, darüber in meinem zweiten Quartalsbericht zu berichten und mein Handeln zu reflektieren.

In vorliegender Arbeit wird es anfangs allgemein um Aufbau und Strukturen in der Kita gehen. Wie viele Gruppen gibt es im Kindergarten? Wie sind diese aufgebaut? Wer arbeitet in diesen Gruppen? Dieses Kapitel wird sich teilweise inhaltlich mit meinen Ausführungen zu „Praktikum im ungarn-deutschen Kindergarten“, genauer „Allgemeines zur Praktikumsstelle“ aus meinem ersten Quartalsbericht wiederholen. Dennoch denke ich, dass diese Informationen grundlegend sind und wegen der Vollständigkeit nicht fehlen dürfen.

Das darauffolgende Kapitel wird meine Arbeit im Kindergarten behandeln. In welchen Gruppen war ich tätig? Außerdem schreibe ich über meine Aufgaben und Beschäftigungen in der Gruppe. Weiterhin möchte ich selbstreflektierend auch meine Erfahrungen und Herausforderungen in den Blick nehmen.

Im letzten Kapitel fasse ich einige Abschlussgedanken meinerseits zusammen. Hier gehe ich insbesondere der Frage nach: „Was brachte mir dieses Praktikum?“ 

Insgesamt wird der Schwerpunkt in diesem Bericht auf meinen Erfahrungen in dem Kindergarten liegen. Welche Eindrücke habe ich im Praktikum gewonnen? Wo stieß ich an eigene Grenzen? Was habe ich für mich persönlich dazugelernt?

Besonders im Kapitel 3 „Meine Arbeit im Kindergarten“ soll außerdem ein Bezug zu Gemeinsamkeiten mit meinem Praktikum in einer Dresdner Kindertagesstätte hergestellt werden. Dennoch möchte ich im Folgenden auch von mir erfahrene Eindrücke festhalten, welche ich als Unterschied zu meinem bisherigen Dresdner Praktikum sehe. Ich denke, dass ich vor allem durch Unterschiede meine eigene pädagogische Haltung entwickeln kann. Besonders durch verschiedenste Erfahrungen kann ich mein Wissen erweitern und dazulernen. Unterschiede, wie auch Gemeinsamkeiten sollen im Folgenden jedoch keine verallgemeinernde Wertung vermitteln, sondern dem Leser wertneutral Bericht erstatten.

Mit der Fülle an Erlebnissen kann ich in solch einem Bericht leider nur Ausschnitte vorbringen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass diese Eindrücke immer nur subjektiv von mir erlebt und erfasst sind – und somit nicht verallgemeinert und auf „das“ Ungarn oder „die“ ungarischen Kindergärten bezogen werden können.

2.     Allgemeines zur Einrichtung und zum Praktikum

Mein erstes Praktikum in Budapest/ Ungarn absolvierte ich für eine Woche in einem ungarn-deutschen Kindergarten in Budaörs. Budaörs ist ein kleiner Ort, südlich an Budapest angrenzend.

Die Kindertagesstätte ist eine Einrichtung der ungarischen Selbstverwaltung. Im Kindergarten gibt es vier Gruppen mit ca. 25 Kindern zwischen drei und sieben Jahren. Die Kinder werden pro Gruppe von zwei Erzieherinnen[1] betreut, welche überwiegend im Schichtdienst arbeiten. Des Weiteren stehen den Gruppen pädagogische Hilfskräfte und auch Unterstützungen durch das Küchenpersonal zur Seite.

Da es ein ungarn-deutscher Kindergarten ist, begegnet man auch der deutschen Sprache in der ungarischen Einrichtung. Beispielsweise werden in den Gruppen tägliche Beschäftigungen immer zwei Wochen lang auf ungarischer Sprache und in den anschließenden zwei Wochen auf Deutsch gehalten. Des Weiteren traf ich in meinem Praktikum auch außerhalb der Beschäftigungen auf die deutsche Sprache. So wurden Anweisungen der Erzieherinnen meistens in Deutsch gesagt. Jedoch wurde dies in den verschiedenen Gruppen sehr unterschiedlich gehandhabt, wie sich im Folgenden zeigen wird.

3.     Meine Arbeit im Kindergarten

3.1  Allgemeines und erste Eindrücke meinerseits

Mein insgesamt dreiwöchiges Praktikum verbrachte ich in drei verschiedenen Gruppen.

In der ersten Woche hospitierte ich in der Bärengruppe. Dies ist eine Gruppe mit ca. 25 Kindern, zwei Erzieherinnen (im Schichtsystem arbeitend) und einer pädagogischen Hilfskraft. Ich absolvierte mein Praktikum während der „deutschen Woche“ in dieser Gruppe, das heißt die Beschäftigungen wurden komplett auf Deutsch gehalten. Thema dieser Woche war „Pflanzen“.

Auch im normalen Kindergartenalltag sprachen die Erzieherinnen mit den Kindern viel auf Deutsch, hauptsächlich Anweisungen bei Basteltätigkeiten oder beispielsweise „Gehe jetzt Hände waschen.“ Außerdem bemühten sich die Erzieherinnen auch ihre Gespräche in meiner Gegenwart untereinander in deutscher Sprache zu halten. Dies gab mir das Gefühl willkommen und auch bei den Pädagoginnen meiner Gruppe akzeptiert und gleichgestellt zu sein, nicht nur die Stellung als einfachen und einmaligen „Zuschauer“ zu haben. Weiterhin wurde mir seitens der Erzieherinnen ermöglicht, mich in der Arbeit mit den Kindern „auszuprobieren“ und kleine Beschäftigungen durchzuführen.

Meine zweite Praktikumswoche verbrachte ich in der Katzengruppe – eine Gruppe von ca. 24 Kindern zwischen vier und sechs Jahren. In dieser Gruppe waren ausschließlich Kinder mit ungarischen Elternhäusern. Demzufolge hatte kein Kind Deutsch als Muttersprache, sondern hörte und lernte die deutsche Sprache nur im Kindergarten.

Auch in dieser Gruppe hielt die verantwortliche Pädagogin ihre Beschäftigungen auf Deutsch – zum Wochenthema „Unser Körper“.

Jedoch fiel mir in alltäglichen Gesprächen zwischen Erzieherinnen und Kindern immer wieder auf, dass sie in den meisten Situationen in ungarischer Sprache redeten. Auch wenn ich unmittelbar neben den Erzieherinnen stand, wurde weiter in ihrer Sprache gesprochen und ich konnte dementsprechend nicht teilnehmen. Erst auf Anfrage meinerseits, beispielsweise zum täglichen Geschehen in der Gruppe und welche Aufgaben anstehen, wurde mir geantwortet – wenn auch nicht ausführlich. So fühlte ich mich vor allem in den ersten Tagen nicht als „in der Gruppe angekommen“. Aufgrund der täglichen Erfahrungen, immer wieder selbständig erfragen zu müssen, welche Pläne heute anstehen und was wir morgen machen werden, kam ich mir in dieser zweiten Woche oftmals eher als nebenstehender Gast vor. Diese mir entgegengebrachte Haltung kann jedoch auf vielen Gründen basieren, zum Beispiel grundsätzliche Haltung der Pädagogin gegenüber Praktikantinnen, oder auch nur subjektiver Eindruck von mir! Eine genaue Beantwortung dieser Frage würde jedoch nur auf Spekulation hinauslaufen.

Dennoch wurde mir auch in dieser Gruppe alles ermöglicht, was ich seitens Beschäftigungen mit Kindern umsetzen wollte. Und auch bei Fragen meinerseits waren die Erzieherinnen stets einer Antwort offen.

Meine letzte Praktikumswoche absolvierte ich in der Hundegruppe. Auch in dieser Gruppe sprachen alle Kinder nur ungarisch, mit Ausnahme ihres bereits erlernten wenigen Vokabulars aus dem Kindergarten („Guten Morgen“, „Ich heiße…“, „Danke schön“…). Diese Gruppe wurde während meiner Praktikumszeit von zwei deutschsprachigen ungarischen Erzieherinnen betreut.

Meiner Eingliederung in die Gruppe sehr entgegenkommend, war eine spontane Vorstellung meiner Person am Freitag vor meiner dortigen Praktikumswoche. Die Gruppe hatte zu diesem Zeitpunkt gerade das Mittagessen beendet. Mir wurde der Gruppenraum gezeigt, ich lernte die Erzieherinnen und die Kinder kurz kennen. Gleichermaßen wurden auch die Kinder mit mir vertraut gemacht. So war ich ihnen in der kommenden Woche nicht mehr vollkommend fremd.

In meiner Praktikumswoche in der Hundegruppe fühlte ich mich dann von Anfang an wohl und willkommen. Jeden Morgen wurde ein Tisch für die Kinder mit Bastelangeboten vorbereitet. Diese „Angebotsstation“ wurde nach Anfrage der Erzieherinnen an mich dann täglich mir überlassen. So kam ich mit den Kindern in Kontakt und hatte von Anfang an eine Ebene und auch einen „Anlass“ zur Kommunikation, auch mit sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten, gefunden. Damit fiel es mir in dieser Woche fiel leichter mit den Kindern eine Beziehung aufzubauen, als in den vorherigen beiden Wochen.

Am Ende meines Praktikumstages stellten mir die Erzieherinnen dann den jeweiligen Plan für den nächsten Tag vor. Dementsprechend war ich immer vorbereitet und nicht unwissend.

Erwähnenswert finde ich außerdem noch, dass beide Erzieherinnen immer bemüht waren, mir alle Fragen zu beantworten, ob Fragen zum Kindergartenalltag oder zu Aufgaben der Pädagoginnen. Falls sie Antworten nicht gleich hervorbringen konnten, ließen sie meine Fragen dennoch nicht offen stehen, sondern kümmerten sich immer um Beantwortung. Dies zeigte mir abermals, dass nicht nur ich mich in ihrer Gruppe wohl fühlte, sondern auch sie mir eine Woche geben wollten, die mich in meiner eigenen pädagogischen Arbeit bereichern und weiterbringen sollte.

3.2 Beschäftigungen

Wie in meinen Erläuterungen immer wieder erwähnt, scheinen tägliche Beschäftigungen am Vormittag in den Gruppen einen hohen und auch alltäglichen Stellenwert einzunehmen. In diesen Beschäftigungen treffen sich alle Kinder mit der zuständigen Erzieherin an einem zentralen Ort im Gruppenraum. Es wird ca. 20 min. lang über das aktuelle Wochenthema miteinander gesungen, gespielt und erzählt.

Ich denke, diese Art von täglichem, zentralen „Gruppentreffen“ ähnelt den mir bekannten Morgenkreisen oder Projektangeboten aus meinem Lernort Praxis in Dresden. In meiner Praxisstelle in Dresden trafen sich jedoch alle Gruppen gemeinsam dienstags bis donnerstags, um die anschließenden Projektphasen einzuleiten. In dem ca. 10 min. Zusammentreffen wurde, wie auch im ungarn-deutschen Kindergarten, gemeinsam gesungen und somit das Gruppenzusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Darauffolgend verteilten sich alle Kinder in ihren jeweiligen Projektgruppen. Diese Projektgruppen sind altersübergreifend und hängen nicht mit der eigentlichen Gruppensystematik des Kindergartenalltages zusammen. Die Gruppeneinteilung der Projekte erfolgt zu Projektbeginn nach Interesse und Belieben des einzelnen Kindes und dauert bis zum Projektende an.

Im Gegensatz dazu werden im ungarn-deutschen Kindergarten die Beschäftigungen pro Gruppe gestaltet, wobei alle Kinder teilnehmen müssen.

Auf Nachfrage meinerseits an eine Erzieherin der Katzengruppe wurde mir gesagt, dass es auch einige freiwillige Beschäftigungen gäbe, an denen interessierte Kinder teilnehmen können. Jedoch sind mir solche „Angebote“ in der Katzengruppe nicht aufgefallen. Ich denke, Bezeichnungen wie „Beschäftigung“, „Angebot“ und ähnliches können unterschiedlich ausgelegt und definiert werden. Beantwortung dieser Definitionsfrage wurde eventuell auch wegen Sprachschwierigkeiten zwischen der Erzieherin und mir erschwert.

In der Hundegruppe wurden hingegen solche freiwilligen Angebote eingerichtet, wie ich bereits im Abschnitt „3.1 Allgemeines und erste Eindrücke meinerseits“ erwähnte.

Ich schreibe hier ausdrücklich von „Angebot“, da die Kinder dies annehmen konnten, aber nicht mussten. Es wurde ihnen demzufolge die Wahl zur freiwilligen Teilnahme gelassen. Weiterhin wurde von den Erzieherinnen auch nicht darauf geachtet, dass jedes teilnehmende Kind nur ein Bastelangebot in Anspruch nimmt, also nur eine Sache bastelt oder malt.

Diese, ich nenne es hier „pädagogische Haltung“ erinnerte mich sehr an die zuvor beschriebenen Methoden und Einstellungen aus meinem Dresdner Kindergarten.

Meine Aufgabe im Alltag des ungarn-deutschen Kindergartens während der drei Wochen bestand hauptsächlich im Spiel mit den Kindern. Dazu beobachtete ich anfangs einzelne Kindergruppen aus gewisser Entfernung und setzte mich anschließend dazu. Schwierigkeiten machte mir jedoch vor allem die sprachliche Verständigung. Da nahezu kein Kind mehr als „ja“, „nein“, Guten Tag!“ o.ä. auf Deutsch sprechen konnte, fiel eine einfache Frage meinerseits (wie „Was spielst du gerade?“, „Was hast du auf deinem Bild gemalt?“) zum kindlichen Spiel und als Einstieg für mich aus. In diesen Situationen merkte ich immer öfter, wie grundlegend eine gemeinsame Kommunikation, v.a. mithilfe einer (Mutter-)Sprache, für mich ist. Andererseits stellte es mich auch vor bis dato noch nicht begegnete Herausforderungen: mit Kindern in Kontakt kommen, ohne auf „Sprache“ als Basis der Kommunikation zu bauen. Besonders erfreut und beeindruckt hat mich in jeder Woche der letzte Tag in der Gruppe. Im Laufe der Tage fanden die Kinder und ich immer bessere Wege, um miteinander kommunizieren zu können. So behalf ich mich mit einigen Kindern mithilfe von Zeichensprache („Hände waschen gehen“ in Form von aneinanderreibende Hände; auf Gegenstände zeigen, von denen wir sprachen), lernte aber auch, wie wichtig kurze, einfache Sätze in Verbindung mit deutlicher Aussprache für das Verstehen der Nicht-Muttersprachler sind.

Neben dem alltäglichen Spielen mit den Kindern, hielt ich in jeder Woche einmal eine kurze Beschäftigung in der jeweiligen Gruppe.

In der Bärengruppe, meiner ersten Praktikumswoche, gestaltete sich dies eher als Angebot. Zum Wochenthema „Blumen“ spielte ich mit einer Gruppe von Kindern „Kaufmannsladen“. Die Idee zum Spiel schlug mir meine Gruppenerzieherin vor. Die Kinder kamen, vermutlich von Neugier angetrieben, selbständig zu mir. Wir verkauften und kauften uns, in unterschiedlicher Rollenverteilung, gebastelte Blumen. Dabei gestaltete sich ein spontan ausgedachter Dialog in deutscher Sprache: „Was möchtest du kaufen?“ – „Zwei Tulpen“ – „Welche Farbe haben die Tulpen?“ – „Rot“ – „Bitte schön“ – „Danke“. Im Laufe des Spiels kamen neue, neugierige Kinder hinzu, so wie auch andere Kinder unser Spiel verließen. Erstaunlich fand ich die Merkfähigkeiten der Kinder, hauptsächlich der Vorschulkinder. Mithilfe immer gleicher Wörter und Satzphrasen merkten sie sich so eine Vielzahl von Vokabeln. Bis zum Ende unserer Spielzeit erweiterten sie ihre zuvor kurzen Antworten auf vollständige, wenn auch kurze Sätze („Die Tulpen sind rot.“).

Diese Spieleinheit zeigte mir, dass Kinder, meiner Meinung, nach den meisten Spaß und größten Lerneffekt für sich im Spiel, in der freiwilligen Teilnahme und in Wiederholungen eines Spiels erzielen.

In der Katzengruppe gestaltete ich dann eine kurze Beschäftigungseinheit. Diese Beschäftigung fand an einem Tag statt, an dem wegen Ausflügen der Vorschulkinder nur etwa 10 Kinder (ebenfalls zum größten Teil etwa 5 – 6 Jahre alt, werden aber später eingeschult) in der Gruppe waren. Im Rahmen des Wochenthemas „Unser Körper“ lernte ich mit den Kindern ein ihnen bis dahin unbekanntes, deutsches Lied. „Das Lied über mich“ beinhaltet sowohl Vokabular von Körperteilen wie auch Alltagsbegriffen (Hund, Katze, Auto).

Zu den einzelnen Liedstrophen und zum Refrain malte ich zuvor kleine Piktogramme. Diese besprachen wir in der Gruppe und sammelten die deutschen Bezeichnungen zu den passenden Bildern. Anschließend sang ich ihnen den Refrain vor und zeigte gleichzeitig auf die jeweiligen Zeichnungen. Nach einigen Wiederholungen und gleichzeitigen Bewegungen, v.a. Zeigen auf Körperteile, sangen oder summten viele Kinder bereits Teile des Refrains mit. Mithilfe der verschiedensten Lernmethoden (Bilder zeigen, Bewegungen machen, Lied singen) konnten so ganz unterschiedliche Lerntypen im Sinne des multisensorischen Lernens angesprochen werden – visuell, taktil und auditiv.

Besonders stolz machte es mich, als einzelne Kinder noch nach der Beschäftigung, zum Beispiel in der Garderobe beim Umziehen, zu mir kamen und das Lied anstimmten. Wir hatten durch dieses Lied einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt, welcher unsere Beziehung zueinander stärken ließ.

Am Tag darauf wiederholten wir das Lied in der gesamten Gruppe – anfangs erst mit den Zeichnungen, dann mit Bewegungen. Durch diese Wiederholung wurde das Lied bei den Kindern, welche es schon kannten, gefestigt und bei den anderen neu eingeführt.

Jedoch würde ich reflektierend darauf sagen, dass eine kontinuierliche, tägliche Einführung und Wiederholung des Liedes in der gesamten Woche mehr Erfolg erzielt hätte. So hätten die Kinder und ich von Anfang an das Lied als Bezugspunkt gehabt und am Ende der Woche eventuell eine stärkere Festigung der Melodie und des Textes erlangt.

In meiner letzten Praktikumswoche in der Hundegruppe übernahm ich vormittags den Basteltisch, wie bereits erwähnt. Dort lagen täglich Bastelschablonen aus, wie zum Beispiel eine Raupe, welche mit Farben bemalt wurde.

An einem Vormittag übernahm ich außerdem einen Teil einer Beschäftigung. Die Erzieherinnen baten mich, das Kinderbuch „Die kleine Raupe Nimmersatt“ auf Deutsch vorzulesen. Dazu versammelten sich, wie jeden Tag, alle Kinder der Hundegruppe in einem Kreis. Den Erzieherinnen war sehr daran gelegen, dass ich als Deutsch-Muttersprachlerin wegen der fließenden Aussprache und Sprachmelodie die Geschichte vorlas. Ich wiederum übernahm diese Aufgabe gern. Die Kinder hörten mir sehr neugierig zu, wie mir erschien. Sie folgten den gezeigten Bildern und waren dabei sehr gespannt auf das Kommende. An einzelnen Stellen stimmten die Erzieherinnen bekannte und dazu passende Lieder an, wie zum Beispiel „Schmetterling, du kleines Ding“.

Ich denke, dass die Kinder aus der Verbindung Bild und vorgetragenem Text den Inhalt der Geschichte verstanden und viel für sich mitnehmen konnten.

Außerdem wurde, meiner Ansicht nach, die Situation des einfachen Vortragens der Geschichte durch die dazwischen immer wieder eingebundenen Lieder gelockert und auch interessanter gemacht. Die Lieder stellten kleine Pausen dar, welche die anschließende Aufmerksamkeit förderten.

Mich überraschte außerdem das Spontane an dieser Beschäftigung sehr positiv. Der Rahmen wurde vorher geklärt, also dass ich die Geschichte vortragen werde. Die Einwürfe der Lieder kamen je nach Situation ungezwungen und ungeplant hinzu. Dennoch passte am Ende alles. Es gab keine störenden, ruhigen Pausen o.ä. Auch die positive Rückmeldung der Erzieherinnen bestätigte mir dies im Anschluss.

4.     Abschlussgedanken

Während meiner dreiwöchigen Praxisphase in dem ungarn-deutschen Kindergarten wurde ich von einer Erzieherin gefragt, ob mir trotz Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten, vor allem mit den Kindern, dieses Praktikum etwas bringen würde bzw. gebracht hätte. Ich musste etwas nachdenken.

Im Laufe meiner Arbeit in den Gruppen und mit den Kindern stieß ich besonders anfänglich einige Male an meine Grenzen. Der Umstand, dass ich mich erst spät in die Gruppen (die Hundegruppe ist hier nicht gemeint) integriert fühlte und dann später, als Kinder zu mir kamen, mir etwas erzählten, ich sie aber sprachlich nicht verstand, machte mir schwer zu schaffen.

Dennoch gab ich mein Praktikum nicht auf – im Gegenteil! Ich wandte mich an meine Mentor-Erzieherinnen, fragte sie, wie ich mich in Situationen der Sprachschwierigkeiten mit Kindern besser verhalten könnte. Am meisten Mut und Kraft gaben mir jedoch immer wieder kleinere Situationen, in denen ich mich freute diese Herausforderungen in einem zum größten Teil fremdsprachigen Kindergarten angenommen und gemeistert zu haben. Vor allem zum Ende der einzelnen Wochen lebte ich mich immer mehr in die Gruppen ein, fühlte mich „angekommen“.

Überdies denke ich, dass dieses Praktikum nicht nur für mich Wochen neuer Erfahrungen mit sich brachten. Anfangs wurde mir vermehrt der Wunsch der Erzieherinnen herangetragen, zu den spielenden Kindergruppen zu gehen und ihnen deutsche Lieder oder Spiele beizubringen. Ich bin jedoch der Meinung, mich nicht einfach in aktive Spielgruppen einmischen oder diese sogar stören zu dürfen. Mein Unbehagen demgegenüber äußerte ich ihnen auch. Die Erzieherinnen verstanden es. Um den Wunsch der Erzieherinnen dennoch nachzugehen, suchte ich für mich nach passenden Didaktiken. In meinen durchgeführten Beschäftigungen oder Angeboten fand ich dann meinen bestmöglichen Weg. In diesen von mir geleiteten Beschäftigungen kam ich mit den Kindern in Kontakt und konnte ihnen so, auch meiner pädagogischen Haltung – mich nicht in bestehende Spielgruppen einzumischen – entsprechend, meine Muttersprache in Form von Liedern, Bastelanleitungen oder Vorlesen von deutschen Geschichten näherbringen.

Auf die Frage „Hat dir denn das Praktikum etwas gebracht?“ habe ich letztendlich mit gutem Gewissen geantwortet: „Ja, sehr!“ Ich stieß an einige Grenzen, machte aber ebenso viele neue Erfahrungen.


[1] Es werden im Folgenden nur weibliche Bezeichnungen, wie „Erzieherinnen“ verwendet. Dies liegt an der ausschließlich von Frauen besetzten Berufsgruppe der Erziehenden im Kindergärten „Zippel Zappel“.